Zehn Prozent der Katasterunterlagen sind vernichtet

Das Hoch­was­ser in Alte­na hat auch vor dem Lager des Kreis­ar­chivs in der Rah­me­de und dem Muse­ums­de­pot in der Net­te nicht halt­ge­macht. Neben his­to­ri­schen Büchern, Katas­ter­kar­ten und Zeit­schrif­ten fie­len auch Instru­men­te des MJO und Muse­ums­ob­jek­te den Schlamm­flu­ten zum Opfer.
Die gute Nach­richt vor­weg: Die zwei Kut­schen aus dem 18. Jahr­hun­dert, die das Burg­mu­se­um als Blick­fang im Obst-Büro in der Len­ne­stra­ße bezie­hungs­wei­se im Muse­ums­de­pot in der Net­te unter­ge­bracht hat, haben das Hoch­was­ser unbe­scha­det über­stan­den. Eine der Rei­se­ka­le­schen gehör­te dem Adels­ge­schlecht Sayn-Witt­gen­stein-Hohen­stein. Das Muse­ums­de­pot nutzt Räu­me der Draht­wer­ke Wil­helm vom Hofe, um his­to­ri­sche Bau­stof­fe, klei­ne Werk­zeu­ge oder archäo­lo­gi­sche Objek­te zu lagern. Das Unwet­ter „Bernd“ am 14. Juli hin­ter­ließ hier wie auch im Lager des Kreis­ar­chivs in der Rah­me­de eine Spur von Schlamm und Ver­wüs­tung. Alle Objek­te, die auf dem Boden, auf Palet­ten oder auf den unte­ren Böden der Schwer­last­re­ga­le lager­ten, wur­den von einer Schlamm­schicht über­zo­gen. Vie­le blan­ke Metall­ob­jek­te wei­sen bereits Flug­rost auf. Bei Holz­ober­flä­chen und orga­ni­schen Über­zü­gen droht Schim­mel. In der Net­te gab es auf­grund der all­ge­mei­nen Auf­räum­ar­bei­ten zusätz­lich das Pro­blem, dass vie­le Objek­te nicht zeit­nah aus dem Depot in ein ande­res Zwi­schen­la­ger geschafft wer­den konn­ten. Muse­ums­re­stau­ra­tor Hol­ger Lüders hat Fach­kol­le­gen her­an­ge­zo­gen, um die Schä­den zu begut­ach­ten und ein­zu­schät­zen, wel­che Objek­te noch geret­tet wer­den kön­nen. 
„Das Kreis­ar­chiv ist mit einem blau­en Auge davon­ge­kom­men“, meint Kreis­ar­chi­va­rin Dr. Chris­tia­ne Tod­row­ski. Bedingt durch den Bau des neu­en Kreis­ar­chivs sind umfang­rei­che Archiv- und Biblio­theks­be­stän­de in einer Lager­hal­le an der Rah­me­de­stra­ße ein­ge­la­gert. Nach den ers­ten Auf­räum­ar­bei­ten wur­den etwa 80 Euro­palet­ten nas­ses und voll­stän­dig zer­stör­tes Papier gleich in Con­tai­nern ent­sorgt. 240 Euro­palet­ten sind noch vor­han­den. In den nächs­ten Tagen und Wochen wird sich her­aus­stel­len, wel­che Archiv­ma­te­ria­li­en wie­der­auf­be­rei­tet wer­den kön­nen. Fakt ist: Etwa zehn Pro­zent der Katas­ter­amts­ak­ten, dar­un­ter his­to­ri­sche Unter­la­gen des Urka­tas­ters ab 1830 sind unwie­der­bring­lich ver­lo­ren. „90 Pro­zent des Bestands kann restau­riert wer­den“, erklärt Archi­var Ulrich Biroth. Rund 700 Katas­ter­bü­cher wur­den nach Abstim­mung mit dem LWL-Archiv­amt für West­fa­len von der Spe­zi­al­fir­ma Poly­gon­va­t­ro am 17. Juli abge­holt. In Olpe wur­de der Schlamm abge­spült und die Bücher der Vaku­um­ge­frier­trock­nung zuge­führt. Der Mär­ki­sche Kreis ist gesetz­lich ver­pflich­tet, Katas­ter­un­ter­la­gen zu archi­vie­ren. 
Ein Schlag für die Lan­des­kund­li­che Biblio­thek ist der Ver­lust zahl­rei­cher regio­na­ler Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten. Eini­ge Zeit­schrif­ten sowie das Alte­na­er Kreis­blatt sind wenigs­tens digi­ta­li­siert. Ein her­ber Ver­lust, so Tod­row­ski, sind auch die his­to­ri­schen Schul­bü­cher aus den Jah­ren ab 1830, die zum Teil nicht mehr zu gebrau­chen sind. „Aber bei Büchern, Zei­tun­gen, Amts­blät­tern oder Zeit­schrif­ten besteht immer­hin die Hoff­nung, dass es in ande­ren Biblio­the­ken noch Dupli­ka­te gibt“, meint sie zuver­sicht­lich. 
Schwer getrof­fen ist auch das Mär­ki­sche Jugend­sin­fo­nie­or­ches­ter (MJO): Die Musik­in­stru­men­te, die der För­der­ver­ein Pro MJO für die jun­gen Musi­ke­rin­nen und Musi­ker beschafft hat, lager­ten eben­falls in der Rah­me­de. „Für die Ver­si­che­rung müs­sen wir nun jedes Instru­ment von Instru­men­ten­bau­ern begut­ach­ten las­sen, ob sie noch repa­ra­bel und spiel­bar sind“, meint Det­lef Krü­ger, Fach­dienst­lei­ter für Kul­tur und Tou­ris­mus. Mit­glie­der des För­der­ver­eins und Mit­ar­bei­te­rin­nen des Krei­ses brach­ten die Instru­men­te erst­mal in Sicher­heit und rei­nig­ten sie. Die Instru­men­te aus Holz zei­gen zum Teil schon Ris­se; die Fel­le der Pau­ken und Trom­meln haben Del­len. Bei Metall­ge­gen­stän­den droht Rost. Den größ­ten Teil der tech­ni­schen Büh­nen­aus­stat­tung wie Ver­stär­ker, Laut­spre­cher, Mikro­fo­ne oder Beleuch­tung muss­te sofort ent­sorgt wer­den. 
„Dass wir doch noch vie­le Schät­ze bewah­ren konn­ten, ist vor allem dem Enga­ge­ment unse­rer Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter der Teams Muse­um, Kreis­ar­chiv und Veranstaltung/MJO sowie unse­ren Hel­fern des Ver­eins Pro MJO zu ver­dan­ken, die auch am Wochen­en­de selbst­los mit­an­ge­packt und waden­tief im Schlamm geschuf­tet haben“, bedank­te sich Det­lef Krü­ger. Auch wenn er die genaue Scha­dens­hö­he wegen vie­ler Unwäg­bar­kei­ten noch nicht genau bezif­fern kann, geht er von einer Zahl im sechs­stel­li­gen Bereich aus. 

Das Hoch­was­ser beschä­dig­te palet­ten­wei­se archi­vier­te Katas­ter­un­ter­la­gen. Foto: Ulrich Biroth/Märkischer Kreis