Fünfeinhalb Minuten können viel verändern

Stephan Volkmann und Jörg Borsberg von der Kreisleitstelle (v.l.) freuten sich, dass sich Heike Lohmann so schnell von ihrem Herzinfarkt erholt hat. Ihr Mann Klaus hat sie nach telefonischer Anleitung füneinhalb Minuten reanimiert. Foto: Ulla Erkens/Märkischer Kreis.

Fünf­ein­halb Minu­ten kön­nen im Leben eines Men­schen viel ver­än­dern. Unter tele­fo­ni­scher Anlei­tung der Kreis­leit­stel­le reani­mier­te Klaus Loh­mann sei­ne Frau Hei­ke bis die Ret­tungs­kräf­te über­nah­men. Ein Ein­satz der Mut macht.

„Ich freue mich so, dass Sie sich so gut von Ihrem Herz­in­farkt erholt haben. Das ist für mich die schöns­te Moti­va­ti­on. Da weiß ich war­um ich täg­lich zum Dienst gehe“, sagt Jörg Bors­berg, Dis­po­nent der Kreis­leit­stel­le, als er mit sei­nem Chef Ste­phan Volk­mann Hei­ke Loh­mann einen Blu­men­strauß über­reicht. Ihr Mann Klaus ist sicht­lich bewegt. Es war ihm ein Anlie­gen, sich per­sön­lich bei dem Mann zu bedan­ken, der in der Not bei ihm war. „Wenn Sie nicht gewe­sen wären, weiß ich nicht, was pas­siert wäre“, erklärt er. 

Klaus Loh­mann hän­gen die Ereig­nis­se vom Mai noch in den Kno­chen: ohne Vor­war­nung erlitt sei­ne Frau Hei­ke einen Herz­in­farkt. „Nachts hör­te ich plötz­lich nur noch ein Röcheln neben mir, da war sie schon weg“, erzählt der 60-Jäh­ri­ge. Von da an hat er nur noch funk­tio­niert. Der Not­ruf 112 schlägt um 2. 21 Uhr bei der Leit­stel­le des Mär­ki­schen Krei­ses auf, Jörg Bors­berg nimmt den Anruf ent­ge­gen. Er hat sel­ber über 20 Jah­re Ret­tungs­dien­st­ein­sät­ze gefah­ren und weiß, was Loh­mann in die­sem Moment durch­macht. Rou­ti­ne­mä­ßig fragt er sofort Adres­se und Namen ab. Die Ver­bin­dung bricht ab. Der Akku des Schlaf­zim­mer­te­le­fons ist leer. Das Tele­fon klin­gelt eine Eta­ge tie­fer. Loh­mann nimmt ab. Jörg Bors­berg mel­det sich. Sein Kol­le­ge über­nimmt die Alar­mie­rung der Ret­tungs­kräf­te, damit sich Bors­berg ganz dem Ehe­mann und der Ein­lei­tung der Reani­ma­ti­on wid­men kann. Auto­ma­tisch folgt der Plet­ten­ber­ger den Anwei­sun­gen des erfah­re­nen Dis­po­nen­ten. Er zieht sei­ne Frau vom wei­chen Bett auf den Boden und beginnt mit der Herz­druck­mas­sa­ge. Im Kopf über­schla­gen sich die Gedan­ken „was soll wer­den, wenn …“. Die Arme tun, was die Stim­me am ande­ren Ende der Lei­tung ver­langt. Der 60-Jäh­ri­ge setzt sei­nen Hand­bal­len auf die Mit­te des Brust­korbs sei­ner Frau, legt die ande­re Hand dar­auf. Um mehr Kraft zu haben, drückt er mit gestreck­ten Armen etwa fünf Zen­ti­me­ter tief. Den Takt gibt die Kreis­leit­stel­le mit einem zuge­schal­te­ten Piep­ton im Tele­fon vor. „Ich habe ange­fan­gen zu beten.“ Die Fre­quenz ist schnel­ler als gedacht – etwa 100 Mal pro Minu­te. „Das Pie­pen habe ich heu­te noch im Ohr“, sagt Loh­mann. Er hält durch bis das alar­mier­te Team aus Ret­tungs­as­sis­ten­ten, Not­fall­arzt und Feu­er­wehr ein­trifft. Fünf­ein­halb Minu­ten kön­nen sehr lang sein. Der Not­arzt muss Hei­ke Loh­mann mit dem Defi­bril­la­tor zurück­ho­len. „Ich war zwei Mal tot, hat man mir spä­ter gesagt“, erzählt Hei­ke Loh­mann. Sie ist dank­bar, dass sie den Herz­in­farkt gut über­stan­den hat. „Mir feh­len zwei Tage vor­her und drei Tage nach­her“, sagt die 56-Jäh­ri­ge. Im Kran­ken­haus wur­den sie­ben Stents (Gefäß­stüt­zen) ein­ge­setzt. „Beim Reha­sport hat­te ich zuerst Angst, dass sie mir ver­rut­schen“, scherzt sie. Im All­tag muss sie jetzt die Balan­ce fin­den und öfter Mal Ruhe­pau­sen ein­le­gen. Aber es geht ihr gut. 

„Ich freue mich sehr, dass es Ihnen wie­der so gut geht. Der Ein­satz ist bil­der­buch­mä­ßig gelau­fen“ weiß Ste­phan Volk­mann, Lei­ter der Kreis­leit­stel­le. Maxi­mal zwölf Minu­ten ist lan­des­weit die Hilfs­frist, die Ret­tungs­diens­te vom Zeit­punkt der Alar­mie­rung bis zum Ein­satz­ort brau­chen soll­ten. Fünf­ein­halb Minu­ten sind da eine sehr gute Zeit. „Da zeigt sich, dass wir im Ret­tungs­we­sen gut auf­ge­stellt sind“, freut sich Volkmann.