Gedenkworte zum Volkstrauertag

Sehr geehr­te Bal­ver­in­nen und Balver,

in die­sen Tagen geden­ken wir wie­der den Opfern der Reichs­po­grom­nacht vom 9. Novem­ber 1938 und wir Geden­ken den Mil­lio­nen Toten, Ver­miss­ten, Flücht­lin­gen und Opfern der Gewalt­herr­schaft, die von Nazi­deutsch­land aus­ging und in die größ­te mensch­li­che Tra­gö­die, dem 2. Welt­krieg endete.

Aber wir geden­ken heu­te, im Jahr 2020, anders als wir es gewohnt sind. Am Volks­trau­er­tag 2020 wer­den kei­ne Lie­der gesun­gen, kei­ne Gedich­te vor­ge­tra­gen und kei­ne Natio­nal­hym­ne gespielt. Das welt­weit gras­sie­ren­de Virus „Sars-CoV‑2“ hält uns alle seit Mona­ten in Atem und lässt auch die so wich­ti­gen Gedenk­ta­ge wie den 9. Novem­ber und den Volks­trau­er­tag anders ausfallen.

Wir alle müs­sen uns und ande­re vor Infek­tio­nen schüt­zen.
Aus die­sem Grun­de fin­den die Gedenk­fei­ern zum Volks­trau­er­tag nur in einem sehr klei­nen Rah­men statt.
Die Orts­vor­ste­her wer­den zum Geden­ken einen Kranz an den Ehren­ma­len unse­rer Dör­fer nie­der­le­gen und den Opfern von Krieg und Gewalt, in unser aller Namen, geden­ken.
Die­se Krän­ze sind Aus­druck unse­rer Anteil­nah­me und unse­rer Erin­ne­rung dar­an, dass es in Zukunft kei­ne Gewalt, kei­ne Ver­fol­gung und kei­ne Krie­ge geben soll­te.
Gleich­wohl wis­send, dass der Mensch der größ­te Feind der Mensch­heit sein kann und welt­weit immer wie­der Krie­ge und Gewalt herr­schen.
Aber den­noch kön­nen wir alle dazu bei­tra­gen, dass das in unse­ren Mög­lich­kei­ten Ste­hen­de getan wer­den kann, um Krie­ge und Gewalt zu verhindern.

Denn dazu mah­nen uns unse­re Erfah­run­gen als Deut­sche. „Nie wie­der Krieg!“... ist seit den 60er Jah­ren die Devi­se der Nach­kriegs­ge­nera­tio­nen in unse­rem Land und ist damit Aus­druck unse­rer Leh­ren aus den schreck­li­chen Jah­ren des 1. und des 2. Welt­krie­ges, die bei­de von deut­schem Boden aus­gin­gen und so viel Not und Elend über die Mensch­heit gebracht haben.

Die­se Leh­re haben wir als Deut­sche gezo­gen und kön­nen heu­te mit die­ser, unse­rer eige­nen Geschich­te, offen umge­hen und dür­fen auch offen an die­sem Tage trau­ern und auch mah­nen.
Trau­ern und Geden­ken um die Men­schen aus unse­ren Fami­li­en, die durch Gewalt oder im Ein­satz als Bun­des­wehr­sol­dat ums Leben kamen. Geden­ken um die Men­schen, die heu­te tag­täg­lich Opfer von Gewalt, Ver­fol­gung und Fol­ter werden.

Denn nur durch das Geden­ken und Mah­nen bleibt das Wis­sen um die Gewalt in unse­rer Welt wach und wir kön­nen dage­gen halten.

Und aus die­sem Geden­ken her­aus, kön­nen wir unse­re guten Sei­ten als Mensch her­aus­ar­bei­ten.
Denn im Grun­de ist der Mensch gut!

Dass dies so ist, zeigt uns gera­de die jet­zi­ge Pan­de­mie. Das Virus gras­siert welt­weit, macht vor kei­nen Staats­gren­zen halt, unter­schei­det nicht zwi­schen arm und reich oder christ­lich und mus­li­misch und nicht zwi­schen den Haut­far­ben. Es kann jeden tref­fen und töd­lich wirken.

Gera­de in die­ser Zeit zeigt der Mensch Soli­da­ri­tät, Mit­mensch­lich­keit und Nächs­ten­lie­be dem Ande­ren gegen­über.
Dies beob­ach­ten wir welt­weit und dies gilt auch für unse­re Gesell­schaft hier in Bal­ve.
Wir dür­fen nicht nur die „schlech­ten“ Nach­rich­ten nach vor­ne stel­len, son­dern viel­mehr sehen, wie vie­le Men­schen ande­ren selbst­auf­op­fernd helfen.

Dies erle­ben wir tag­täg­lich bei­spiels­wei­se in den Kran­ken­häu­sern, den Pfle­ge­hei­men oder den ambu­lan­ten Pfle­ge­diens­ten. Das sehen wir alle auch in der Nach­bar­schaft oder den Tafeln; dem De-Cent-Laden oder dem Bür­ger­bus hier in Bal­ve.
Der Mensch ist im Grun­de gut und han­delt auch so.

Viel­leicht gera­de aus dem Geden­ken an die Greu­el und die Gewalt, die die bei­den gro­ßen Krie­ge her­vor­ge­bracht haben.

Zu die­sen Gedan­ken regt der Volks­trau­er­tag an:

Als ein Tag der Mah­nung und des Geden­kens aber auch als ein Tag der Hoff­nung und der Zuver­sicht auf eine fried­li­che­re Zukunft.

Huber­tus Müh­ling, Bür­ger­meis­ter Stadt Balve